• Lichtimmission
  • Sonderteil zum Thema Lichtverschmutzung Karlsteiner Mitteilungsblatt Nr. 46 / 2019
  • Vortrag Umweltbeitrag, 12.10.2017
  • Lichtverschmutzung

    Künstliches Licht ist für uns heutzutage nicht mehr wegzudenken. Im ökologischen Sektor ist Kunstlicht bereits seit langem ein problembehaftetes Thema, das spätestens mit dem Insektensterben an Brisanz hinzugewonnen hat. Doch wie viele ökologisch problematische Themen rückt auch die nächtliche Beleuchtung erst jetzt in den Vordergrund, da uns ein Verzicht auf elektrisch erzeugtes Licht helfen wird, durch den zu erwartenden Energieengpass der nächsten Jahre zu kommen. Die unteren Luftaufnahmen der Lightpollutionmap von 2021 mögen die eine oder andere Person nicht sonderlich zum Staunen oder Erschrecken bringen. Doch wieso? Was ist am Kunstlicht überhaupt schlimm?

     

    Was ist Lichtverschmutzung?

    Luftaufnahmen der Lichtverschmutzung (oben u.a. Europa; unten Pin Fokus Karlstein a.M.)

    Die LED-Leuchtmittel ermöglichen seit ca. zehn Jahren künstliche Lichtquellen finanziell günstig zu realisieren. Das hat zur Folge, dass diese überall eingesetzt wurden und werden, ob nötig oder nicht, ob zielgerichtet oder nicht. Bis heute hat sich daran nicht viel geändert. Neben der Vielzahl spielt auch der oft zu hohe Lichtstrom als auch das Farbspektrum der LEDs eine Rolle bei den negativen Auswirkungen des LED-Lichts.
    Lichtverschmutzung kann demnach eine direkte Blendung, die Aufhellung des Nachthimmels oder die nachbarschaftliche Störung durch künstliches Licht im Außenbereich implizieren.
    Übrigens: Die Anzahl beleuchteter Flächen hat zwischen 2012 und 2016 in Bayern um 45 % zugenommen, womit Bayern deutschlandweit als trauriger Vorreiter bewertet werden muss.

     

    Was hat das für Auswirkungen?

    Der Tag-/Nachtrhythmus bestimmt über ganz bestimmte Proteine den Lebensrhythmus jeder einzelnen Zelle im Körper. Licht ist für unseren Biorhythmus zuständig. Doch nicht nur für unseren, sondern auch für den von Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen. Beispielsweise wird beim Menschen mit Licht die Bildung von Serotonin und Cortisol ausgelöst, was zu Aktivität und Wachheit führt. Nachts hingegen wird bei Dunkelheit das Hormon Melatonin ausgeschüttet, welches zur Inaktivität führt, sodass wir uns regenerieren können. Demnach ist es sehr naheliegend, dass für alle Lebewesen, ob Mensch, Tier oder Pflanze das künstliche Licht zu Verhaltens- und Rhythmusveränderungen führt.

    Einfluss von künstlichem Licht

    Tiere

    Bei den Wirbeltieren (Säugetiere, Vögel, Reptilien, Amphibien, Fische) sind ungefähr ein Drittel aller Arten nachaktiv. Fokussiert auf die Amphibien sind nahezu alle Arten, bei den Wirbellosen gar zwei Drittel aller Spezies und natürlich alle Fledermausarten nachtaktiv. Ein großer Teil der Tiere ist demnach auf die Nacht angewiesen. Viele Insekten verenden zudem meist qualvoll an künstlichen Lichtquellen. Diese Dezimierung hat weitreichende Folgen sowohl direkt für andere Tiere, für die die Insekten Nahrungsgrundlage sind, als auch indirekt durch die negativ beeinflusste Bestäubungsleistung, wodurch weniger Samen und Früchte gebildet werden, was auch den Menschen direkt betrifft.
    Ein weiteres für die herbstliche Jahreszeit passendes Beispiel ist das Verhalten der Igel. Bodenlichtquellen, wie sie immer häufiger in den Gärten zu finden sind, blenden die Igel direkt auf Augenhöhe. Das führt dazu, dass sie die Lichtquelle meiden und umgehen. Doch gleichzeitig sind unsere Gärten und Vorgärten für Igel essenzielle Nahrungsquelle. Die ihm noch verbleibenden Nahrungsgrundlagen werden somit noch weiter eingeschränkt.

    Pflanzen

    Wie oben bereits angedeutet hängt in unserer natürlichen Umwelt alles zusammen und ist voneinander abhängig. Die beschriebene fehlende Bestäubung führt zur geringeren Ausbildung von Samen und Früchten, wodurch diese sich auch nicht weiter ausbreiten und erhalten können. Ebenso wurde herausgefunden, dass durch künstliches Licht Bäume an ihrem herbstlichen Laubabwurf gehindert werden. Bäume, die direkt an einer künstlichen Lichtquelle stehen, werfen ihr Laub zu spät ab, was zu Frostschäden führen und im schlimmsten Fall den Baum komplett zerstören kann.

    Menschen

    Unser Tag-/Nachtrhythmus wird wie bereits erläutert durch künstliches Licht mittels der Bildung von Hormonen stark verändert. Neben unserer Nahrungsgrundlage, welche durch die vorgenannten Folgen der Lichtverschmutzung negativ beeinflusst wird, sind sowohl vermehrt Blendung, Schlafstörungen als auch ein erhöhtes Risiko von Brustkrebs zu vermerken.

    Rechtliche Grundlagen

    Eine generelle Straßenbeleuchtungspflicht gibt es nicht (Art. 51 Abs 1 Satz 1 BayStrWG) „Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung haben die Gemeinden innerhalb der geschlossenen Ortslage nach ihrer Leistungsfähigkeit die öffentlichen Straßen zu beleuchten, […]“. Auch in den erst kürzlich festgelegten Gesetzen wurde zur Wahrung der Energieversorgung festgelegt, dass öffentliche Nichtwohngebäuden und Baudenkmäler von außen mit Ausnahme von Sicherheits- und Notbeleuchtung als auch Kulturveranstaltungen nicht beleuchtet werden sollen (§ 8 EnSi-kuMaV). Demnach gilt es auf Gemeindeebene immer den Sicherheitsaspekt mit zu bedenken.
    Anders verhält es sich bei Arbeitsstätten: Hier müssen bspw. Fluchtwege beleuchtet sein, als auch eine Sicherheitsbeleuchtung gegeben sein (ASR A3.4).
    Des Weiteren gibt es im Rahmen des Immissions- und Naturschutzes folgende Regelungen:
    Laut Bundes-Immissionsschutzgesetz, dass „nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, 2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und[…]“ (BImSchG §22). Ebenso soll „jede*r nach seinen Möglichkeiten zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege beitragen und sich so verhalten, dass Natur und Landschaft nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden […].“ (§ 2 BNatschG, Abs. 1).
    In Bayern ist sogar seit August 2019 im BayNatschG eine konkrete Darlegung zum Thema „Himmelsstrahler und Beleuchtungsanlagen“ zu lesen. Im Art.11a heißt es:

    1. Eingriffe in die Insektenfauna durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich sind zu vermeiden.
    2. Himmelstrahler und Einrichtungen mit ähnlicher Wirkung sind unzulässig.
    3. Beim Aufstellen von Beleuchtungsanlagen im Außenbereich müssen die Auswirkungen auf die Insektenfauna, insbesondere deren Beeinträchtigung und Schädigung, überprüft und die Ziele des Artenschutzes berücksichtigt werden.
    4. Beleuchtungen in unmittelbarer Nähe von geschützten Landschaftsbestandteilen und Biotopen sind nur in Ausnahmefällen von der zuständigen Behörde oder mit deren Einvernehmen zu genehmigen.

    Doch was kann ich tun?

    Ob am eigenen Zuhause, Unternehmen oder öffentliche Einrichtungen, liegt es in unserer Hand die künstliche Außenbeleuchtung maßvoll und zielgerichtet anzuwenden. Abschalten ist selbstverständlich unter den genannten Punkten am meisten Energie und schützt die kann bedeuten:

    • – Kein Licht ist am umwelt- und insektenfreundlichsten
    •  Geringe Lichtmenge
    •  Beschränkte Leuchtzeit bspw. Nachtabschaltung zwischen 22 Uhr und 5.30Uhr
    •  Zielgerichtetes Licht: Nur das, was beleuchtet werden muss, abgeschirmt beleuchten
    •  Farben mit geringem Blauanteil bis 2.200K, max 3000K. Je höher der Blauanteil desto mehr werden die oben genannten Auswirkungen verstärkt. Stattdessen warmweiße Lichtfarben bevorzugen
    •  Geringe Höhe – Ausstrahlung in die Umgebung wird vermieden
    •  Dicht geschlossene Leuchtgehäuse (ab Schutzklasse IP65)
    •  Kein flackerndes Licht
    •  Keine großflächige helle Beleuchtung wie Werbeflächen

     

     

     

     

     

     

     

     

     


    Quellen und weiterführende Informationen

    Biosphärenreservat Rhön mit weiterführenden Links:
    https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/natur/sternenpark-rhoen/kunstlicht-und-lichtverschmutzung/

    Sternenpark Schwäbische Alb mit weiterführenden Links Sternenpark Schwäbische Alb – Lichtverschmutzung vermeiden – Rettet die Nacht – Sternenpark Schwäbische Alb
    (https://www.sternenpark-schwaebische-alb.de)

    https://www.bundestag.de/webarchiv/presse/hib/2020_09/794706-794706

    https://www.bundestag.de/resource/blob/374848/56042d3a1df1080f8a73ebabb7cc1c28/lichtverschmutzung-data.pdf

  • Karlsteiner Mitteilungsblatt Nr. 46 (15. November 2019)

    Wie in unserem Sonderteil zum Thema „Lichtverschmutzung“ im Mitteilungsblatt Nr. 46  angekündigt, hier die Verlinkung zu den vollständigen Artikeln bzw. als Download abrufbar:

  • Zum Download des Vortrags: Ins Bild klicken